Toespraak minister-president Mark Rutte bij heropening Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden

Deze toespraak is alleen in het Duits beschikbaar.

Frau Professor Ackermann,
Herr Ministerpräsident,
Herr Bundestagspräsident,
Herr Schleweis,
Herr Doktor Koja,
sehr verehrte Gäste,
liebe Freunde!

Sie kennen sicher den berühmten Satz von Karl Valentin: »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.«

Und wenn es einen Ort gibt, wo sich diese Wahrheit dem Besucher offenbart, dann hier, in der Kulturhauptstadt Dresden und in der weltberühmten Gemäldegalerie Alte Meister.

Inmitten von Jahrhunderten künstlerischer Virtuosität – eine überwältigende Erfahrung.

»Viel Arbeit« erscheint mir da schwer untertrieben!

Ich fühle mich sehr geehrt, dass Sie mich zu dieser feierlichen Wiedereröffnung eingeladen haben. Vielen Dank dafür.

Aber ich stehe hier natürlich vor allem als Liebhaber und nicht als Kenner. Denn ich bin kein Kunsthistoriker. Ich habe zwar Geschichte studiert, aber mittlerweile bin ich von diesem Pfad doch sehr weit abgekommen.

In meiner jetzigen Tätigkeit dreht sich fast alles um die Tagespolitik. Sie werden also verstehen, dass ich mich im Kreise so vieler eminenter Kunstkenner ein wenig gehemmt fühle.

Dennoch habe ich die Einladung zu einem Grußwort sehr gerne angenommen. Das hat auch zu tun mit meinem Studienort, dem holländischen Leiden, mit seiner jahrhundertealten Universität, die immer schon viele deutsche Studenten angezogen hat.

Leiden ist die Stadt, in der Rembrandt das Licht der Welt erblickte – und auch das Licht der Malerei. Und dort hatte er auch seinen ersten Schüler: Gerrit Dou, vermutlich der bekannteste der Leidener Feinmaler, die in diesem Museum so zahlreich vertreten sind.

Niemand Geringeres als Goethe schrieb nach einem Besuch in Dresden, dass im Werk der Leidener Maler »der Pinsel über die Natur den Sieg davontrug«. Eine wunderbare und treffende Beschreibung, die nichts von ihrer Gültigkeit verloren hat.

Denn auch wir können nur staunen über die Präzision und den Detailreichtum, mit denen Gerrit Dou und andere, wie Gabriel Metsu, Frans und Willem van Mieris und Pieter Cornelisz van Slingelandt, ihre Lebenswelt abbildeten.

Mit ihrer feinen Wiedergabe von Farben und Stoffen trafen sie zugleich den Nerv der größten Leidener Wohlstandsquelle jener Tage, der Tuchindustrie. Auch heute noch, Jahrhunderte später, sind wir sprachlos vor Bewunderung für so viel Meisterschaft.

Als Absolvent der Leidener Uni und Ministerpräsident der Niederlande bin ich natürlich stolz, dass die Leidener Feinmaler in der Gemäldegalerie Alte Meister einen so prominenten Platz einnehmen.

Sie wissen aber, der Mann, dem wir diese Verbindung zwischen Deutschland und den Niederlanden zu verdanken haben, war nun wahrlich ein Sohn Dresdens: der berühmte August der Starke. Seinen Beinamen trug er zu Recht. In mehrfacher Hinsicht.

Angeblich konnte er ein Hufeisen mit bloßer Hand verbiegen. Aber auch die ungeheure Zahl von über 350 Kindern, die er gezeugt haben soll, unterstellt eine gute physische Kondition und Ausdauer.

Und stark war auch Augusts Sammelleidenschaft, die er seinem gleichnamigen Sohn vererbte.

Kunst ist international, das war damals nicht anders als heute. Die beiden Augusts konnten sich auf eigene Berater stützen, aber auch auf ein sehr aktives europäisches Netz von Händlern, Mittelsleuten, Agenten und Sammlern.

Soweit es um Arbeiten der Leidener Feinmaler ging, konzentrierten sich die Kontakte erstaunlicherweise in Antwerpen, also außerhalb der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande.

Bemerkenswert finde ich auch, dass August der Starke als einer der ersten europäischen Herrscher bürgerliche Kunst aus der Republik sammelte. Damals richteten fürstliche Sammler ihren Blick vor allem auf Italien, wo man die schönsten Darstellungen religiöser und mythologischer Szenen fand.

Was für ein Unterschied zu den Wirtshäusern, Wildhändlern und Kesselflickern der Leidener Feinmaler! Ihre lebensechten häuslichen Szenen, Werkstätten, Kinder und Alten waren aus dem Alltag der Menschen gegriffen und für einen Markt von freien Bürgern bestimmt. Das war wirklich neu und wirklich anders.

Und auch Werke anderer holländischer Meister fanden schon früh Abnehmer am kursächsischen Hof, darunter auch das eigenwillige Barock Rembrandts. Ein untrüglicher Ausweis von Offenheit und Qualitätssinn

Heute können wir feststellen, dass August der Starke und sein Sohn einen beachtlichen Beitrag zum Entstehen einer gemeinsamen europäischen Kultur geleistet haben, zum internationalen Austausch von Ideen und zum Gefühl der Verbundenheit zwischen unseren Ländern. In dieser Tradition stehen wir, und ich bin froh, dass Kultur diese Rolle nach wie vor erfüllen kann. Das freundschaftliche Verhältnis zwischen Deutschland und den Niederlanden ist ohne kulturellen Austausch nur schwer vorstellbar.

Wenn wir über die deutsch-niederländischen Beziehungen sprechen, sind wir schnell bei Themen wie Export und Import, bei harten Wirtschaftsdaten und bei der politischen Zusammenarbeit in Europa.

Aber Deutschland ist für die Niederlande auch das wichtigste Abnehmerland auf kulturellem Gebiet. Und das ist kein Zufall. Denn wie zu Zeiten Augusts des Starken sind sich Deutschland und die Niederlande ähnlich genug, um gegenseitige Vertrautheit zu empfinden, und verschieden genug, um füreinander interessant zu sein.

Meine Damen und Herren,

als Johan Rudolf Thorbecke, der größte niederländische liberale Staatsmann des 19en Jahrhunderts, Dresden im Jahre 1821 als junger Mann besuchte, tauchte er tief ein in alles, was diese Stadt an Kunst und Kultur zu bieten hatte. In seinen Briefen an die Heimat schrieb er: »Man spürt ein unaussprechliches Verlangen, von diesem Strom des Ergötzens nicht zu trinken, sondern sich mitten in denselben zu stürzen, um darin unterzugehen.«

Ich bin ganz sicher, dass es künftigen Generationen von Besuchern genauso ergehen wird.

Kompliment und Glückwunsch an alle, die seit 2013 an der Sanierung der Gemäldegalerie und der Sammlung mitgewirkt haben.

Heute wird uns noch einmal bewusst, dass nicht nur Kunst viel Arbeit macht, sondern auch ihre Konservierung, ihre Zugänglichmachung und professionelle Präsentation.

Sie haben phantastische Arbeit geleistet – für Dresden und für Deutschland, für die holländischen Maler in der Sammlung und für die europäische Kultur.

Dafür bin ich Ihnen sehr verbunden – als Kunstliebhaber und als Nachbar!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.